Die Staatsbibliothek würdigt den Komponisten Joseph Haas
Dass ein heutiger Pop- Hit um die Welt tingelt, ist kein Wunder. Aber dass die Messe eines Münchner Komponisten auf chinesisch, koreanisch und sogar Kisuaheli erklingt, schon. Ihr Schöpfer war Joseph Haas , der den Erfolg 1930 als „Speyrer Dom-Festmesse“ komponierte. Haas zeigt, dass Musikgeschichte nicht nur aus den zeitlosen Größen besteht, sondern auch aus den vergessenen ihrer Zeit. Jetzt feiert die Bayerische Staatsbibliothek seinen 125. Geburtstag mit einer kleinen Ausstellung aus dem Nachlass: „ Joseph Haas, Mittler zwischen Max Reger und der Neuen Musik“.
Der Komponist und Kompositionslehrer war, hiesiger Normalfall von Berühmtheit, Nichtmünchner. Am 19. März 1879 in Maihingen im schwäbischen Ries geboren, traf 1904 auf seinen entscheidenden Lehrer Max Reger. Bis zu seinem opus 18 folgte er dem stilistischen Idiom seines Meisters. Dann fand er immer mehr zum eigenen Tonfall eines spätromantischen Expressionismus ohne die modulatorische Unruhe Regers. Zwischen deutscher Kirchenmusik, Liederzyklen, Kammermusik, allerhand Klavierwerken und den beiden Opern „Tobias Wunderlich“ und „Die Hochzeit des Jobs“ blieben als Konstanten die Tonalität und das „Volksoratorium“.
1924 wurde Haas Professor an der Akademie der Tonkunst in München. Zu seinen Schülern zählen Cäsar Bresgen, Karl Amadeus Hartmann, Eugen Jochum, Karl Höller, Wolfgang Sawallisch und Fritz Schieri. Die pädagogische Leidenschaft vertrug sich bestens mit der avantgardistischen . Haas saß 1921 im Arbeitsausschuss der neugegründeten „Donaueschinger Kammermusik- Feste für Neue Musik“. Dort prüfte er zusammen mit Eduard Erdmann und Paul Hindemith Hunderte von eingesandten Kompositionen und bewies dabei seine Offenheit für alle Stile.
Treffend siedelte ihn Siegfried Gmeinwieser von der Joseph- Haas- Gesellschaft in seinem Eröffnungsvortrag zur Ausstellung im „Spannungsfeld zwischen Reger und Donaueschingen“ an: ein Exempel für die zwanglose Koexistenz von Tradition und Moderne bis zum ersten Weltkrieg- oder jener „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“, wie sie im Werk von Richard Strauß „Salome“ und „Rosenkavalier“ vertreten. Für das Münchner Nachkriegsmusikleben spielte Haas eine besondere Rolle. 1946 leitete er als Präsident den Wiederaufbau der Münchner Musikhochschule und wirkte in der Verwertungsgesellschaft Gema.
Highlights der Ausstellung sind Briefwechsel mit Reger und Hindemith. Die musikalischen Kostproben aus dem Klavierwerk, zum Auftakt souverän serviert von Gerit Lense, enthüllten mindestens zwei Seiten von Joseph Haas: die vier „Elegien für Klavier“ op.42 zeigten den Epiker, der lethargischen Kreisgängen nicht immer entgeht, und die „Hausmärchen“ op.35 den Aphoristiker im besten Schumann- Format.
KLAUS P. RICHTER