Das Radio Symphonie-Orchester Pilsen spielt Werke des 20. Jahrhunderts zu Ehren des Komponisten Joseph Haas
Gräfelfing – Einen ganzen Abend nur Orchesterwerke des zwanzigsten Jahrhunderts geboten zu bekommen, schreckt offenbar immer noch viele Menschen von einem Konzertbesuch ab. Nur ungern begeben sie sich auf neues klangliches Terrain, weg von ihren gewohnten klassischen Höreindrücken. So blieb leider auch der Saal im Bürgerhaus Pullach halbleer, als dort das Radio Symphonie Orchester Pilsen unter der Leitung von Klaus Zoephel ein Gedenkkonzert zum 120. Geburtstag von Joseph Haas gab. Eine Auswahl an selten gespielten Werken wurde dabei präsentiert und alle, die wegen dieses ungewöhnlichen Programms zu Hause geblieben waren, haben wahrhaftig etwas verpaßt.
Der Jubilar, in dessen Zeichen die Stückauswahl stand, hat sich übrigens nicht nur durch seine Kompositionen verdient gemacht, sondern er leitete auch den Wiederaufbau der Münchner Musikhochschule nach dem Zweiten Weltkrieg und setzte sich in besonderer Weise für die zeitgenössische Musik ein. Zusammen mit Paul Hindemith und Heinrich Burkhard gründete er die „Donaueschinger internationalen Kammermusikfeste für Neue Musik”.
Die „Heitere Serenade” op. 41 von Joseph Haas eröffnete den Abend. Immer neue Überraschungen werden in diesem lebhaften Werk den Zuhörern geboten, denn der stets markante Rhythmus und das Spiel mit Klängen sorgen immer wieder für musikalischen Humor. Zu Beginn beispielsweise scheinen sich die einzelnen Instrumentengruppen rhythmische Motive gegenseitig zuzuwerfen. Spielerisch-leicht und stets tonal gebunden gestaltete sich der zweite Satz mit tänzerischem Pizzicato der Streicher und kecken Einwürfen der Bläser. Nach einem Klagegesang der Oboe im elegischen dritten Satz schließt das Werk mit einem munteren Finale. Die übermütige Melodie der Klarinette, die das Orchester später aufgreift, sprüht dabei nur so vor Witz und Ausgelassenheit. Das steckte die Zuhörer an;
der begeisterte Beifall bewies es. Anschließend stand ein Werk eines Schülers von Joseph Haas auf dem Programm: Das 1937 entstandene Klavierkonzert op. 16 von Philipp Mohler. Unverkennbar ist in diesem Stück der Einfluß seines Lehrers. Aber auch Hindemith scheint den 1982 verstorbenen Komponisten angeregt zu haben, wie durch den drängenden, motorischen Rhythmus in den Ecksätzen zu hören war. Energisch begann die Solistin Gerit Lense mit dem Hauptthema und ergänzte sich vorzüglich mit dem Pilsener Orchester, das mittlerweile auf eine über fünfzigjährige Tradition zurückblicken kann. Besonders im dritten Satz schöpfte die Pianistin die klanglichen Möglichkeiten ihres Instruments voll aus und verband wuchtige Akkorde mit perlenden Läufen und rhythmischen Finessen. Immer rasanter gestaltete sich das musikalische Geschehen, wie ein feurig-wirbelnder Tanz, bis das Werk schließlich mit einem markanten Forteschlag endet.
Weitere Raritäten gab es nach der Pause zu hören. Klaus Zoephel, der Chefdirigent des Staatlichen Orchesters Pirna und Präsident derJoseph-Haas-Gesellschaft, dirigierte an diesem Abend eines seiner eigenen Werke: „Finckenschläge”. Es beginnt mit Paukenschlägen auf den Tönen H und F, den Initialen Hermann Fincks. Der Komponist huldigt mit seinem Werk einen berühmten Sohn der Stadt Pirna, und zitiert immer wieder zwei von dessen Liedern. Subtil verbindet sich hier Musik des 16. Jahrhunderts mit modernen Erscheinungen – die beiden Trompeter beispielsweise verwendeten ihre Instrumente nicht nur zum Hineinblasen, sondern auch zum Draufklopfen.
Den Abschluß des Konzerts bildete die Ballettsuite op. 130 von Max Reger, dem bedeutendsten Lehrer von Joseph Haas. Ob hereintrippelnde Tänzerinnen, ein kichernder Harlekin oder eine zärtliche Kolumbi-ne – durch farbige Instrumentation und starke Akzente werden die programmatischen Titel in diesem Werk anschaulich illustriert. Vergnügt verließen die Zuhörer den Saal – nach Dvoráks Slawischen Tanz Nr. 9 als schwungvoller Zugabe. STEPHANIE MAUDER