Gerit Lense und Artur Medvedev präsentieren Spanien
Müssen die klassischen Künstler in Zukunft im Olympiastadion oder gar in den Wies’nzelten spielen, um das Interesse der Münchner noch zu wecken? An der Leistung fehlte es nicht an dem vom DTKV veranstalteten Konzert aus der Serie Musica da Camera. An der Vision mangelte es Gerit Lense (Piano) und Artur Medvedev (Violine) in keiner Weise. So präsentieren beide einen kammermusikalischen Hochgenuß und entführten die Anwesenden ins sonnige, feurige, impulsive, aber auch relaxte Spanien. Gerade richtig an diesem kühlen, verregneten Herbstabend.
Das Büffet war reichhaltig, und ein Leckerbissen folgte auf den nächsten. Was die beiden kredenzten, waren mutige musikalische Exquisitäten. Zum einen entschieden sie sich mit Turinas Sonate op. 51/1, Sarasates „Romanza Andaluza”, Montsalvatges „Sonatine pour Yvette”, de Fallas „Suite populaire espagnole” und Toldras „Seis Sonetos” für ein Programm, das einen hohen Seltenheitswert hat, ähnlich der Stecknadel im Heuhaufen.
Nur, Gerit Lense und Artur Medvedev haben sie gefunden, die Nadel. Sie besteht aus Wärme, Brillanz und Natürlichkeit. Die Darstellung der beiden ließ keinen Farbton der musikalischen Palette vermissen. Allenfalls das fehlende Münchner Publikum war das einzige Manko, das einzige Hindernis, das den beiden einen noch größeren Zuspruch verwehren ließ.
Fragt man nach Spanien, so leuchten die Augen der beiden Künstler. Diese tiefe innere Liebe zu diesem Land und seiner Musik überträgt sich auch auf die Spielweisen beider Interpreten. So ist Medvedev als Solist zusammen mit dem Berner Kammerorchester mit Spanien in Berührung gekommen. Diese Einflüsse vermischt er mit seiner russischen Virtuosenausbildung bei Mark Sajko, Bogodar Kotorowitsch und in Deutschland bei Wolfgang Marschner. Ein Solist par exellence, der eine bewundernswerte Legerte mit absoluter „Correctness” und höchster Sensibilität gegenüber der musikalischen Vorlage verbindet.
Gerit Lense ist eine Pianistin aus den besten Schmieden des Landes, Hildegard Stenda, Margarita Höhenrieder und Ayami Ikeba sind nur eine kleine, erlesene Auswahl. Ihr Feingefühl läßt sie sowohl zu einer begnadeten Solistin als auch einer nuancenreichen Duopartnerin werden. In der Solonummer des Abends, in Montsalvatges „Sonatine pour Yvette für Klavier”, brillierte sie mit einer raffinierten Interpretation, die höchstes pianistisches Können erfordert.Doch mit technischer Überlegenheit interpretiert Gerit Lense gekonnt farbig und überzeugt mit klarem Chararakter und tief spürbarer Persönlichkeit.
Boris Horch